Am Montagabend kam der Rückruf von der Caritas, die in Aachen die Koordination der freiwilligen Helfer in der Arbeit mit Flüchtlingen übernimmt. Eine Überraschung, obwohl wir eine Woche zuvor Interesse an einem sozialen Projekt im nächsten Semester signalisiert hatten. Das Anliegen sei aber so gar nicht das, was wir uns wohl vorgestellt hätten. Ab morgen würden durchgehend zehn Helfer für die Dauer einer Woche gebraucht. Eine genaue Aufgabenbeschreibung liege nicht vor. Einsatzgebiet: Eine kurz zuvor eingerichtete Notunterkunft für Flüchtlinge.
Wir taten also, was wir am besten konnten: Improvisieren. Drei Stunden später trafen sich 15 Aktive der Unitas Assindia und Unitas Reichenstein auf dem Aachener Haus. Nochmal dieselbe Zahl an Freunden und Bekannten hatte in kürzester Zeit ihre Unterstützung zugesagt. Wir besprachen das weitere Vorgehen und teilten uns in Schichten ein.
Am nächsten Morgen um acht Uhr stand die erste Truppe auf der Matte der Flüchtlingsnotunterkunft. Niemand hatte mit uns gerechnet, aber die Hilfe war willkommen: In einer eilig zur Kleiderkammer umfunktionierten Sportgerätegarage der Turnhalle stapelten sich Kleiderspenden in Säcken und Kartons, die zu einer systematischen Kleiderkammer sortiert werden sollten. Die Verwaltung, das Sortieren und insbesondere die geordnete Ausgabe der immer wieder ankommenden Spenden an die Flüchtlinge war fortan unsere Aufgabe im Schichtbetrieb.
Wir haben viel gelernt in diesen letzten Tagen, über Bürokratie, über Hilfsbereitschaft, aber insbesondere über Menschen, die ihr Zuhause aufgeben sowie den Großteil ihrer Habseligkeiten und die eine gefährliche bis lebensbedrohliche Flucht auf sich nehmen, um einer noch gefährlicheren Situation in ihren Heimatländern zu entkommen.
Daher rufen wir an dieser Stelle alle Aktivitates dazu auf, sich an die örtlichen Koordinatoren zu wenden und entsprechend ihrer Möglichkeiten zu helfen und sich zu engagieren. Wir sind nicht nur wegen unseres christlichen Selbstverständnisses hierzu gefordert, sondern auch weil wir Einiges mitbringen: Eine bereits gut organisierte Zahl an Freiwilligen, bestehende Strukturen, Organisationstalent und etablierte Kommunikationskanäle.
Die Unitas in Aachen hat bereits erste Erfahrungswerte gesammelt und bereitet sich beispielsweise mit Namensschildern und Hinweisschildern in mehreren Sprachen auf mögliche nächste Einsätze in Kleiderkammern von Flüchtlingsnotunterkünften vor. Denn mindestens in der ersten Woche einer neuen Unterkunft, bis die Behörden einen geregelten Betrieb ermöglichen, wird auch weiterhin die Arbeit freiwilliger Helfer nötig sein.
Für weitere Informationen und einen Erfahrungsaustausch stehen wir jederzeit zur Verfügung!
Hintergrund
Asylsuchende, die bei einer deutschen Behörde, meistens bei der Polizei, einen Asylantrag stellen, werden nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Sie werden zu sogenannten Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) gebracht, wo sie registriert und über ihre Fluchtgründe befragt werden. Dort müssen die Asylbewerber im Idealfall sechs Wochen, längstens aber drei Monate wohnen, um für Rückfragen erreichbar zu sein. Falls über den Asylantrag bis dahin nicht entschieden wurde – was die Regel ist – werden sie den Städten und Landkreisen zugewiesen, die dann für die Unterbringung zuständig sind.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat vier von diesen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber, die alle überlastet sind. Immer wieder müssen sie wegen Überfüllung die Tore schließen. Aus diesem Grund sind die sogenannten Notunterkünfte gefragt. Statt in den zentralen LEA werden Flüchtlinge immer häufiger in solchen temporären Unterkünften untergebracht – dann müssen die Städte und Landkreise von einem Tag auf den anderen eine Sammelunterkunft für bis zu 250 Menschen finden.
Bis zu 6.000 Flüchtlinge werden dem Land Nordrhein-Westfalen pro Woche zugeteilt. Für etwa die Hälfte davon stehen nur Notunterkünfte zur Verfügung, meist Sporthallen oder ehemalige Schulgebäude.